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Die Relevanz einer erfolgreichen Board Governance

Dr. Felix Horber ist Generalsekretär der Swiss Re. Mit Podcast-Host Ingo Notthoff spricht er über seine Verantwortung als Generalsekretär, die Relevanz einer Board Governance und die Organisation von Verwaltungsratssitzungen.

Dr. Felix Horber
Podcast “The Agenda”

“The Agenda” von Sherpany geht auf die Herausforderungen von Führungskräften ein und beschreibt den Weg von der Problemstellung bis hin zur Entscheidung. In dieser einzigartigen Podcast-Reihe mit Podcast-Moderator Ingo Notthoff zeigen sich Führungskräfte und Expert:innen von ihrer offenen Seite. #LeadingTogether

In dieser Podcast-Folge hören Sie:

Dr. Felix Horber ist seit 2007 Generalsekretär der Swiss Re. Der studierte Rechtsanwalt ist Doktor der Rechtswissenschaften und unterrichtet als Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Er ist Autor mehrerer Bücher, seit über zwanzig Jahren nebenamtlich Mitglied des Zuger Obergerichts - und betrachtet sich selbst zudem als 360° Jurist: Im Unternehmen praktiziert er das Recht. Im Gericht entscheidet er, wie die Rechtslage ist. Und in der Lehre wird das Recht durch ihn vermittelt.
 
Dr. Felix Horbers Geheimnis liegt vielleicht auch darin begründet, dass bei ihm nicht ganz klar ist, wo der Beruf aufhört und wo das Hobby anfängt. 

Mit Podcast-Host Ingo Notthoff spricht er über seine Verantwortung als Generalsekretär, die Relevanz einer Board Governance, die Organisation von Verwaltungsratssitzungen, gute Entscheidungsvorlagen und Diversität. Zudem gibt Dr. Horber eine Einschätzung, worauf sich Corporate Secretaries aktuell vorbereiten sollten.

  • Was liegt im Verantwortungsbereich eines Generalsekretärs?
  • Wie sieht eine gute Board Governance aus und welche Relevanz hat sie?
  • Welche Kompetenzen benötigt ein Verwaltungsrat?
  • Wie divers ist der Verwaltungsrat der Swiss Re aufgestellt?
  • Was zeichnet eine gute Verwaltungsratssitzung aus?
  • Wie führt ein Ungleichgewicht im Informationsfluss zu schlechten Entscheidungen?
  • Worauf sollten sich Corporate Secretaries aktuell vorbereiten?

Die Relevanz einer erfolgreichen Board Governance

Herr Dr. Horber, welche Aufgaben hat konkret ein Generalsekretär?

Diese Aufgaben sind vielschichtig. […] Ein Element ist, sicherzustellen, dass die Prozesse auf Stufe des Verwaltungsrats funktionieren. Es geht auch um die Vorbereitung und um die Organisation der Verwaltungsratssitzungen. Aber auch um andere Fragen, die den Jahreszyklus bestimmen. Es braucht eine optimale Zeitplanung, Stichwort: Corporate Calendar. Es braucht eine Roadmap, einen Sitzungsplan, mit dem man genau weiss, wann was im Verwaltungsrat entschieden wird. 

Dazu kommen die Erstellung und die laufende Aktualisierung der maßgebenden rechtlichen Grundlagen, Statuten, Org-Charts. Das ganze Corporate Governance Framework muss funktionieren und angepasst werden an sich verändernde Verhältnisse. Zu meinem Aufgabenbereich gehört auch die Organisation und Vorbereitung der Generalversammlung. Also eine interessante, diversifizierte Palette von Aufgaben. 

Die Board Governance definiert unter anderem die Prozesse und Regeln der Zusammenarbeit im Verwaltungsrat, aber auch mit der Geschäftsleitung. Wie sieht für Sie eine gute Board Governance aus? 

Das hängt von der Größe und von der Typizität des Unternehmens ab. Ein großes Unternehmen, wie in unserem Fall die Swiss Re, wird eine andere Orga wählen müssen als ein kleines KMU, ein mittelständisches Unternehmen, in dem die ganze operative Führung auch beim Verwaltungsrat liegt. Das ist die Einstiegsfrage: Wie ist das Unternehmen strukturiert? Die Organisation hat sich dieser Struktur entsprechend anzupassen. 

Zu einer guten Governance gehört sicher auch […] das Einhalten der Business Judgment Rule.  Das heißt auf gut Deutsch: Wir müssen die Informationen so für den Verwaltungsrat aufbereiten, dass dieser in der Lage ist, auf gut informierter Basis die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das zweite ist: Diese Entscheidungen, die er trifft, müssen unter Einhaltung der internen Richtlinien geschehen. Und das dritte ist: Die Entscheidungen, die getroffen werden, müssen frei von Interessenkonflikten sein.Wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Entscheid, zumindest rechtlich gesehen, richtig zustande gekommen. 

Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine gute Verwaltungsratssitzung aus? 

Es beginnt mit der Vorbereitung. Mit dem Agenda-Setting. Der Verwaltungsrat muss wissen, was am Tag X zu entscheiden ist. Das Zweite ist: Die Dokumente, die zwingend vorzulegen sind, müssen dem Verwaltungsrat rechtzeitig zugestellt werden. Bei uns ist es so, dass diese Unterlagen in der Regel etwa zehn Tage vor dem Board Meeting elektronisch zugestellt werden, sodass genügend Vorbereitungszeit für die Mitglieder besteht. Wir sagen immer, es sollte mindestens ein Wochenende vor der Verwaltungsratssitzung dazwischen liegen, damit diese intensive Vorbereitung auch stattfinden kann. 

Dann ist es sehr wichtig, dass diese Dokumente stufengerecht erstellt werden. Stufengerecht heißt, Sie können vielleicht eine Präsentation haben mit allen Details, die für das Management absolut wichtig und zentral sind, in der alle Details aufgelistet sind. Diese Granularität braucht es bei Dokumenten, die an den Verwaltungsrat gehen, nicht in jedem Fall. Da kann man auf einer anderen Flughöhe das Thema ansprechen. Es kommt also darauf an, wer Adressat der Präsentation ist. Es hat keinen Sinn, dass man dem Verwaltungsrat Hunderte von Seiten zustellt, um ein Thema zu behandeln, das man auf zehn Seiten abhanden könnte. Man sollte immer eine Executive Summary voranstellen […] sonst kann man sich als Verwaltungsrat nicht auf die Schnelle ein Bild machen über X Themen, die an einem Tag besprochen werden. 

Zu einer guten Sitzung gehört natürlich ein strukturiertes Sitzungsmanagement des Präsidenten oder der Präsidentin, bei dem man die Zeitvorgaben einhält und effizient auf das Ziel steuert, denn am Schluss muss man zu einem Entscheid kommen. Man muss also die Diskussion zielführend kanalisieren. […] Das Management-Summary zu erstellen ist ja manchmal wirklich keine einfache Aufgabe, ich sage mal hundert Seiten auf zwei zu komprimieren.

Der Trend zur Transparenz, den wir seit Jahren beobachten, wird weitergehen. Das sind einfach Entwicklungen, die nicht mehr aufzuhalten sind. 

Es gibt regelmäßig neue regulatorische Veränderungen und Anforderungen an Unternehmen. Wie halten Sie sich persönlich auf dem Laufenden?

Es ist das permanente Lernen. Man muss ständig auf dem aktuellen Stand sein. […] Wir haben Education-Sessions, das sind Training-Sessions im Verwaltungsrat, in denen wir neue Trends, auch regulatorische Aufgaben, intensiv diskutieren. Es werden, wenn nötig, auch Experten einbezogen. […] Man muss als Unternehmen nicht nur schauen, wie es jetzt ist. Man muss auch spüren, was in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Man muss antizipieren, regulatorische Entwicklungen, die in anderen Jurisdiktionen passieren, verstehen und versuchen, diese rechtzeitig zu implementieren. Das ist ein permanenter Prozess, der zur Aufgabe des Verwaltungsrates gehört.

Aus Ihrer Sicht: Worauf sollten sich Unternehmen, und vor allem auch Verwaltungsräte, momentan gleichermaßen vorbereiten? 

Wir sollten mögliche Veränderungen als Chancen sehen. Es ist die Attitude, die positive Grundhaltung. […]  Auch versuchen, zu antizipieren, proaktiv zu sein. Sonst ist man nur noch reaktiv. Wer reaktiv unterwegs ist, ist letztlich in der Defensive.
Wenn man ein Thema hat, das man gut positioniert, sollte man auch versuchen, eine gewisse Überzeugungskraft darzustellen. Ich meine nicht, die Deutungshoheit zu gewinnen. Aber man soll mit einem gesunden Selbstvertrauen an den eigenen Kompetenzen weiterarbeiten, immer mit dem Ziel, sich zu verbessern. 

Was ich auch sehe, wenn ich in die Zukunft blicke, ist der Trend zur Transparenz, den wir seit Jahren beobachten, der wird weitergehen. Und ich denke, der Detaillierungsgrad in der Berichterstattung - das haben wir jetzt im Beispiel mit dem Non-Financial Reporting gesehen - wird auch weitergehen. Das sind einfach Trends und Entwicklungen, die nicht mehr aufzuhalten sind. Ob die uns gefallen oder nicht. Das ist Fact of Life. 

Wie kann man sich - gerade in Bezug auf Krisen - überhaupt vorbereiten, wenn man so ein großes Unternehmen ist? Kann man sich überhaupt vorbereiten?

Ich würde so sagen, Sie können diese Krisen schon in einem gewissen Grad antizipieren. Sie müssen intern festlegen, wenn eine Krise stattfinden würde, welche Natur diese Krise ist. Ist es eine geopolitische Krise? Ist es eine technische Krise? Ist es eine Finanzkrise? Man muss definieren, welche Typen von Krisen es überhaupt gibt.

Dann muss man im Unternehmen versuchen, festzulegen, wer für welche Szenarien wann verantwortlich ist. Es gibt Fälle - das hat man bei Cyberattacken mehrfach in der Praxis erlebt - in denen Firmen intern nicht geregelt haben, wer die Führerschaft hat in solchen Krisensituationen. Ist das der Verwaltungsrat, ist das das Management? Es gibt verschiedene Wege, die nach Rom führen, aber es muss geregelt sein. Manuals sollen entwickelt werden.

Genau für solche Situationen, damit zumindest mal die Governance klar ist. Sonst müssen Sie zuerst die Governance klären, statt sich direkt mit der Krise befassen zu können. Also ich denke, da kann man schon gewisse Sachen vorbereiten. 

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Dr. Felix Horber
Über den Autor
Dr. Felix Horber ist seit 2007 Generalsekretär der Swiss Re. Der studierte Rechtsanwalt ist Doktor der Rechtswissenschaften und unterrichtet als Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Er ist zudem Autor mehrerer Bücher und seit über 20 Jahren nebenamtlich Mitglied des Zuger Obergerichts.